Gottesdienst am 27.12.2020, dem 1.Sonntag nach Weihnachten
Für die Feier zu Hause – verbunden im Gebet.
Pastorin Isabel Frey-Ranck
Kerze anzünden
Stille
Votum Das Wort ward Fleisch und wohnte mitten unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit. Joh 1,14a
Nun liegt das Weihnachtsfest hinter uns. Die Weihnachtzeit hat damit begonnen, auch wenn viele Menschen nach dem heutigen Tag schon wieder beginnen, abschmücken. Aber die kommenden Tage und Wochen laden uns ein, uns tiefer mit dem Weihnachtsfest zu beschäftigen, und uns nicht mit Nebensächlichkeiten und schnellen Antworten zufrieden zu geben. Vielmehr geht es darum, Gottes „Geschenk“ auszupacken, es nicht nur vom Hörensagen zu kennen, sondern selbst zur Krippe zu kommen und mit eigenen Augen Gottes Herrlichkeit zu sehen.
Im Vertrauen darauf, dass Gott sich von denen finden lässt, die nach ihm suchen, feiern wir diesen Gottesdienst gemeinsam – aber in unseren Häusern verteilt, damit sich niemand dabei an Corona ansteckt. Wir feiern ihn im Namen Gottes des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.
Gebet
Du, Gott des Friedens und der Freude. Im Kind in der Krippe lässt Du uns Deine Herrlichkeit sehen. Öffne unsere Herzen und Sinne für dieses Wunder. Komm, und nimm Wohnung in uns.
In der Stille halten wir uns dir hin.
Stille
Danke, dass du mitten in der Nacht zu uns gekommen bist. Danke für deine Verwundbarkeit. Deine Schutzlosigkeit. Dein Vertrauen.
So überwindest Du verhärtete Herzen.
Herr, gib uns den Mut, der alles neu macht, damit wir lernen
neu zu hören, was Du uns zu sagen hast.
Neu zu sehen, was wir zu tun haben,
und neue Wege zu gehen wagen.
Hilf uns, uns Dir anzuvertrauen und Dir auf den Wegen zu folgen,
auf denen du uns entgegenkommst.
Amen.
Lied Es ist für uns eine Zeit angekommen, es ist für uns eine große Gnad‘. Unser Heiland Jesus Christ, der für uns, der für uns, der für uns Mensch geworden ist. In der Krippe muß er liegen, und wenn’s der härteste Felsen wär’: Zwischen Ochs’ und Eselein liegest du, liegest du, liegest du, armes Jesulein. Drei König’ kamen, ihn zu suchen, der Stern führt’ sie nach Bethlehem. Kron’ und Zepter legten sie ab, brachten ihm, brachten ihm, brachten ihm ihre reiche Gab’.
Lesung aus dem 12. Kapitel des Johannesevangeliums (V. 44f.):
Was wir in der Weihnachtsgeschichte des Lukasevangeliums am Heiligen Abend gehört haben, klingt im Johannesevangelium folgendermaßen:
„Jesus spricht: wer an mich glaubt, der glaubt nicht an mich, sondern an den der mich gesandt hat. Und wer mich sieht, der sieht den, der mich gesandt hat. Ich bin als Licht in die Welt gekommen, auf dass, wer an mich glaubt, nicht in Finsternis bleibe.“
Und im Titusbrief wird das Wunder der Weihnacht mit einem einzigen Satz beschrieben: Dort heißt es:
„Die Gnade Gottes ist unter uns erschienen, um uns zu retten“.
Amen.
Predigt
Ihr Lieben, merkwürig anders klingen die Worte aus dem Johannesevangelium, wenn sie das Wunder von Weihnachten beschreiben. Abstrakter, distanzierter irgendwie. Aber auch sie zeugen davon: In Jesus kommt Gott zur Welt, wird Mensch und ist in Jesus auf einzigartige Weise gegewärtig und erkennbar. Was Weihnachten für unser Leben bedeuten will, hat die Künstlerin Beate Heinen in einem Bild auf den Punkt gebracht: es heißt: „Das Geschenk der Könige“.
Statt der klassischen Krippenszene mit Maria Josef und dem Kind, sind auf ihrem Bild die drei heiligen Könige zu sehen und in ihrer Mitte Jesus. Doch statt der üblichen Geschenke Gold, Weihrauch und Myrre bringen diese Könige dem Kind ganz anderes.
Der erste König, links vorne, trägt ein Blatt in der Hand. Bei genauer Betrachtung ist zu erkennen, dass auf diesem Blatt „ungenügend“ steht und es sich offenbar um ein Zeugnis handelt.
Der zweite König, rechts vorne, trägt ein zerbrochenes Gefäß in der Hand.
Und dann ist da im Hintergrund noch der dritte König zu sehen, der gerade eine Maske abnimmt. Die Maske sieht freundlich und fröhlich aus , aber das Gesicht, das darunter zum Vorschein kommt, ist traurig.
Und in der Mitte des Bildes ist der neugeborene Jesus zu sehen. Klein ist er, schutzlos, und verletzbar. „Und wer mich sieht, der sieht den, der mich gesandt hat“ sagt Jesus später.
Gott tritt nicht als ein machtvoller Herrscher oder selbstbewußter Richter auf, mit einem klar erkennbaren Hierarchiegefälle, nein, er begegnet uns verwundbar, bedürftig und angewiesen auf andere. Gott weiß, so sind wir innerlich berührbar; denn wessen Herz wird nicht von Liebe erfüllt beim Anblick eines Neugeborenen und wer lächelt es nicht zärtlich an? Aus dieser Verwundbarkeit kann neue Liebe entstehen…
Mich berührt dieses Bild, weil es die Bedeutung von Weihnachten m.E. großartig auf den Punkt bringt: Sehen wir es uns noch einmal genauer an: Wie gesagt, der eine König bringt sein Zeugnis mit der Note „ungenügend“. Das bedeutet: ihm wurde die Rechnung quittiert: er hat versagt. Hat das Soll nicht erfüllt, die zu erwartende Leistung nicht erbracht, das Ziel nicht erreicht. Wer das oft genug erlebt, dem verschlägt es irgendwann die Sprache. Der verliert sein Vertrauen, fühlt sich wertlos und hohl. Vielleicht sieht deshalb das Gesicht dieses Königs auch so leer und leblos aus.
Vielleicht steht dieser König auch stellvertretend für dich oder mich. Auch in unserem je eigenen Leben ist manches ungenügend.
Die Künstlerin macht deutlich: ich darf es zur Krippe bringen, zum Kind, so wie jener König. Voller Vertrauen, dass Gott Gutes daraus entstehen lassen kann und wird.
Der zweite König, hält dem Kind einen zerbrochenen Becher hin.
Er hat nichts mehr, womit er seinen Durst löschen kann – und auch nichts, um andere zu stärken und zu sättigen. Der Kelch ist zerbrochen. Er kann nichts mehr halten, alles zerrinnt.
Mich erinnert dieser König an zerbrochene Lebensträume, zerbrochene Hoffnungen, zerbrochene Beziehungen. Auch in unserem Leben gibt es so viel Bruchstückhaftes, so viele Verletzungen, so viele Scherben, so vieles, das wir nicht halten können, das uns zerrinnt.
Auch dieser zweite König bringt die Scherben seines Lebens dem Kind.
Die Künstlerin macht deutlich:
Die Krippe ist der Ort, zu dem wir die Scherben unseres Lebens bringen dürfen, all das, was in unserem Leben zerbrochen ist: sei es eine Beziehung, sei es unser Vertrauen, seien es unsere Perspektiven. Gott wird Neues daraus entstehen lassen, haucht dem zerbrochenen neues Leben ein.
So, wertschätzend und liebevoll, wie es im traditionellen japanischen Kunsthandwerk, Kintsugi genannt, bis heute gepflegt wird, geht geht auch Gott mit den Scherben unseres Lebens um. Auch er verbirgt oder versteckt unsere Wunden und Schwächen nicht, sondern vergoldet sie. Lässt sie zu Schätzen werden, aus denen wir schöpfen können. Im Vertrauen darauf können wir alles, was in unserem Leben zerbrochen ist, zur Krippe bringen und es in die Hände von dem legen, der in Jesus verwundbar und bedürftig geworden ist, damit er es heilt und neue Wege mit uns geht.
Und dann ist da noch der dritte und älteste König der vor dem Kind seine Maske ablegt und sein wahres Gesicht zeigt. Auf einmal wird sichtbar, dass hinter der zufrieden lächelnden Maske in Wahrheit ein graues, trauriges, Gesicht steckt. Wie mutig von ihm, eine Maske abzulegen, aus seiner Rolle herauszutreten, sich nicht verstellen und verstecken. – Und das als König!
Wie groß muss sein Vertrauen zu dem Kind sein, dass er sich so vorbehaltlos zu zeigen wagt. Wie sehr muss er sich im Innersten geliebt und geachtet fühlen! Auch wir dürfen so zu Gott kommen. So wie wir sind, Du und ich. Vor ihm, brauchen wir uns nicht zu rechtfertigen, brauche keine Masken zu tragen. Dürfen angstlos und wahrhaftig sein, ohne Scham und ohne Scheu. Denn: auch uns sieht er liebevoll an. Auch dich und mich nimmt er so an, wie wir sind, egal wie es uns gerade geht oder was wir gerade leisten können. Ja, es sind und bleiben merkwürdige Geschenke, die die Könige zur Krippe bringen. Etwas Prachtvolles, Kostbares, Strahlendes zu schenken wäre für sie viel einfacher gewesen. Aber das zu bringen, was in ihrem Leben nicht gut war, nicht genügend, nicht gelungen, das kostet besonderen Mut. Und den haben sie offenbar im Blick auf Jesus. In seiner Gegenwart können sie sich in ihrer ganzen
Verletzbarkeit zeigen, mit all ihren Schwächen, ihren Wunden, ihren Zweifeln.
Das Kind in ihrer Mittesieht jedoch sehr klein aus, sehr nackt und verletzlich. Es breitet seine kleinen Arme aus, warmherzig und einladend – und bildet zugleich so die Form eines Kreuzes.
„Kommt alle zu mir, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch erquicken!“ scheint es uns zuzurufen – ohne zu verhehlen, dass dieser Weg ein Kreuzweg ist. So wird deutlich: Die Krippe und das Kreuz sind aus demselben Holz geschnitzt. Wir alle aber dürfen wie die Hirten in jener Nacht, wie die Könige, und wie viele andere zur Krippe kommen, gleich wie mühselig und beladen, wie übermüdet und belastet wir sind.
Und dort das ablegen, was uns beschwert.
Gott kommt als Kind. Das ist das Geheimnis von Weihnachten: er kommt wehrlos, ohnmächtig und mit offenen Armen. Und sagt „ ja“ zu uns, sein großes „Ja“, ohne Wenn und Aber. Aus dem Vertrauen auf dieses „ja“ zu leben, verändert unser Leben von Grund auf. Eröffnet uns Raum und Weichheit, Hoffnung und neue Kraft, schenkt Leben und Freiheit. Denn wir müssen uns nicht länger selbst erlösen, nicht auf unser Recht pochen, nicht darum kämpfen von anderen wertgeschätzt und gesehen zu werden. All das wurde uns schon geschenkt. Aus Gnade sind wir gerettet. Darauf zu vertrauen, das eigene Leben diesem Gott immer wieder anzuvertrauen und seinem Weg zu folgen, bedeutet im christlichen Sinne zu glauben. Gottes Hände sind gute, heilende Hände. Er ist zur Welt gekommen, damit wir das begreifen und es hell wird in unserem Leben. Amen .
Lied: „Ich steh an deiner Krippen hier“ (EG 37) Ich steh‘ an deiner Krippe hier, o Jesu, du mein Leben; ich komme, bring‘ und schenke dir, was du mir hast gegeben. Nimm hin, es ist mein geist und Sinn, Herz, Seel‘ und Mut, nimm alles hin und laß dir’s wohl gefallen. Da ich noch nicht geboren war, da bist du mir geboren und hast dich mir zu eigen gar, eh’ ich dich kannt’, erkoren. Eh’ ich durch deine Hand gemacht, da hast du schon bei dir bedacht, wie du mein wolltest werden. Eins aber, hoff ich, wirst du mir, Mein Heiland, nicht versagen: Daß ich dich möge für und für In, bei und an mir tragen. So laß mich doch dein Kripplein sein; Komm, komm und lege bei mir ein Dich und all deine Freuden!
Gebet:
Du Gott mit deinen offenen Armen… ich bitte dich:
Nimm alles von mir, was mich von dir trennt. Gib mir, was mich zu dir hinführt. Nimm mich an und wandle mich. So dass auch ich lerne, verletzbar zu sein, und mit offenen Armen zu leben.
Gott, lass uns deine Nähe spüren, und deine Weihnachtsfreude in uns erstrahlen. Behüte unsere Lieben, nah und fern, Stärke sie, dass wir zusammenbleiben und zusammenfinden!
Gott, wir bitten Dich für dieses großartige leben, für diese ganze Welt:
Es sind so viele die unter Krieg und Hunger leiden, die bedroht werden durch Gewalt und Hass. Ach lass es doch Frieden werden in uns und in der Welt.
Gemeinsam beten wir weiter mit den Worten die du uns gelehrt hast:
Vater unser im Himmel
Geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft
und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.
Segen:
lasst uns in diese Weihnachtszeit unter dem Segen Gottes gehen:
Der HERR segne uns und behüte uns. Der HERR lasse sein Angesicht leuchten über uns und sei uns gnädig. Der HERR hebe sein Angesicht auf uns und schenke uns seinen Frieden. Amen.
Lied Oh du fröhliche EG 44
O du fröhliche, O du selige, gnadenbringende Weihnachtszeit! Welt ging verloren, Christ ward geboren: Freue, freue dich, O Christenheit!
O du fröhliche, O du selige, gnadenbringende Weihnachtszeit! Christ ist erschienen, uns zu versühnen: Freue, freue dich, O Christenheit! O du fröhliche, O du selige, gnadenbringende Weihnachtszeit! Himmlische Heere jauchzen dir Ehre: Freue, freue dich, O Christenheit!